Heute ist einer meiner Glückstage im Jahr, ich habe Geburtstag. Und egal ob eine neue Zahl zu meiner vorne stehenden drei hinzukommt, freue ich mich und bin glücklich. Aber was genau ist eigentlich Glück? Das ist eine sehr gute Frage, denn unter „Glück“ versteht jeder etwas anderes. Für den einen ist es mit materiellen Errungenschaften verbunden und für den anderen stehen ideelle Dinge für glückliche Momente. Warum zählen die Dänen zu den glücklichsten Menschen der Welt?

Ich kann diese Erklärung nur für meine eigene „Lebens-Käseglocke“ versuchen. Wie jeder andere auch, lebe ich in meinem kleinen Universum. Unter meiner sogenannten Käseglocke. Ab und an hebe ich diese an oder vergrößere sie ein kleines Stück aber wer mich kennt, weiß, dass ich gerne auf die Dinge zurückgreife, die mir lieb und vertraut sind. Ich muss zum Beispiel nicht ans andere Ende der Welt reisen, um mich frei zu fühlen. Mir reicht ein Spaziergang an meinem Lieblingsstrand in Grønhøj. Wenn ich dort die Weite spüre, schlägt mein Herz ein wenig höher.

Am Strand wünschte ich mir, gesund zu werden

Als ich im Juni für vier Wochen in Grønhøj war und sich durch viele Zufälle dieser Blog ergab, ahnte ich noch nicht, dass dies mein Leben komplett verändern würde. Ich habe es hier noch nie erwähnt, aber ich leide seit vielen Jahren an einer schlimmen Essstörung, die meinem Körper viel zu viele Kilos aufgelegt hat. Im Prinzip ist es ein richtiger Panzer, den ich mir da im Laufe der Jahre angefuttert habe. Viele traurige Momente sind dort in Fettzellen untergebracht. Seit Jahren versuche ich gesund zu werden. Bislang ohne Erfolg. Als ich im Juni am Strand spazieren ging und völlig in meinen Gedanken versunken war, habe ich meinen Wunsch ganz offen ausgesprochen und dem Strand, dem Meer oder wem auch immer gesagt, dass ich mir wünsche gesund zu werden. In der zweiten Woche unseres Urlaubs ging mein Blog online. Wenige Tage später fragte mein Mann mich, ob mir schon aufgefallen sei, dass ich seit Tagen keine Schokolade gegessen hatte.

Abwertende Blicke machen mich traurig

Schokolade war mein Suchtmittel. Die meisten Menschen glauben, dass dicke Menschen den ganzen Tag nichts anderes tun als zu futtern und nur XXL-Portionen zu sich nehmen. Das stimmt aber nicht. Meist ist es so, dass ich Portionen in Lokalen nie schaffe aufzuessen. Und wenn ich dann mit einer Tüte (mit den Essensresten, die ich dann für den nächsten Tag mit nach Hause nehme) das Restaurant verlasse, ernte ich Blicke, die mir sagen „Sieh an die Dicke, ist nicht satt geworden, hat sich noch was für Zuhause mitgenommen“. Das macht mich traurig und wütend und hilft mir leider überhaupt nicht meine Essstörung zu verlieren.

Seitdem ich Anfang Juni begonnen habe über mein Lieblingsland zu schreiben, habe ich 17 Kilo abgenommen. Das ist so dermaßen fantastisch, dass ich es meist gar nicht glauben kann. Meine Essstörung ist ganz sicher noch nicht verschwunden, aber ich weiß nun, dass ich auf einem sehr guten Weg bin und es schaffen kann. Mit jedem Kilo, das ich verliere steigt meine Lebensfreude und ich spüre wie lebendig und kraftvoll ich werde.

Ich bin mir ganz sicher, dass es das Dänemark-Gefühl ist, dass mir dabei hilft. In keinem anderen Land und an keinem anderen Ort habe ich dieses besondere Gefühl bis jetzt gespürt. Ein Gefühl von Freiheit und Lebensfreude. Durch meinen Blog, beschäftige ich mich fast jeden Tag mit Dänemark und den Dingen, die für mich zu einem dänischen Leben gehören. Der Blog treibt mich an, inspiriert mich, bringt mich täglich auf neue Ideen für neue Kategorien oder Geschichten und gleichzeitig bin ich der Motor des Blogs. Wie das genau funktioniert kann ich nicht sagen, es passiert einfach. Und ganz nebenbei, verliere ich wie von Geisterhand, Kilo um Kilo. Der Dänemark-Blog füllt eine Lücke in meinem Herzen, die ich bislang mit Massen an Schokolade versucht habe zu stopfen. Es tut so gut zu bemerken, dass das nicht mehr notwendig ist.

Der Dänemark-Blog als Motor im Kampf gegen meine Essstörung

Plötzlich kann ich in „normalen“ Geschäften nach Klamotten gucken, merke wie viel Freude es mir bereitet am Abend ein Outfit für den kommenden Tag zusammen zu stellen (früher habe ich mich eher nur bedeckt) und ich fange an mich wie ein „normaler“ Mensch zu fühlen.

Mein „dänisches“ Glück hängt mit vielen, natürlich dänischen Dingen zusammen. Es ist zum einen das Strandgefühl, dass ich hier schon so oft beschrieben habe, die Weite, der unendliche Himmel, der Horizont. Es ist aber auch ein dänsicher Radiosender, ein Bild eines Skagenmalers, ein Stück Kuchen in einem dänischen Café, der Mondfisch im Nordseemuseum in Hirtshals, die Meerjungfrau im Hafen von Kopenhagen, die Erinnerung an den Heiratsantrag meines Mannes in den Dünen von Kettrup Bjerge, ein leckeres Softeis zum Sonnenuntergang, hyggelige Momente im Ferienhaus vor dem Ofen, ein Buch, dass ich in Dänemark lese, eine Mütze, die ich in Dänemark stricke, dänisches Design, mit welchem ich mein Zuhause eingerichtet habe, der Leuchtturm Rubjerg Knude, der hoch auf der Wanderdüne thront, die Gespräche mit den glücklichen Dänen, die in jedem Gespräch meinen Glücksakku aufladen, die Momente im Dänischkurs, die mich nicht immer nur sprachlich vorran bringen, die Treffen mit „dänischen“ Freunden, die nicht unbedingt aus Dänemark kommen müssen, die mir aber ein dänisches Hygge-Feeling geben, wenn wir zusammen sind, das Lied von Agnes Obel, das mein Herz berührt, mein Mann, der mit mir zum hundertsten Mal in dieses wunderbare Land fährt, die Dannebrog in ihren schönen Farben rot und weiß, ein Museumsbesuch auf den Spuren alter Zeiten, das Wort „Farvel“, das für mich auf jeden Fall bedeutet, dass ich immer wieder kommen werde, … Ich könnte diese Liste noch unendlich fortführen, so viele Dinge machen mich unter meiner Käseglocke glücklich.

Die liebe Diana Meier-Soriat von „Sketchnotes – by Diana“ hat anlässlich meines Geburtstages, meine kleine „dänische“ Welt zeichnerisch umgesetzt. Und das ist ihr fabelhaft gelungen. Ich war so gerührt als ich das Bild am Samstagmorgen das erste Mal gesehen habe. Vielen, vielen lieben Dank nochmal an dieser Stelle. Ich selbst bin zeichnerisch nicht gerade sehr begabt, hoffe das aber im nächsten Workshop bei Diana ändern zu können. Wenn alles klappt, findet der im Januar statt. Darauf freue ich mich schon sehr und auch das wird mich glücklich machen und mich in Sachen „Tschüß Essstörung“ unterstützen.

Glück ist für mich Dänisch

Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei Euch bedanken, die ihr meine Beiträge lest, liked und kommentiert. Das gibt mir das Gefühl, dass das, was ich hier mache richtig ist und ich auch ein wenig zu Eurem Glück beitragen kann. Das macht Spaß und fühlt sich richtig gut an. Tausend Dank dafür.

Ich wünsche Euch allen eine schöne und glückliche Woche.

Kærlig hilsen

Linda